Portrait - Vita







Jugend / Ausbildung
Man wird ja nicht als Kabarettistin/Schauspielerin geboren; was waren deine anderen beruflichen Wünsche in der Kindheit/Jugend – sofern es welche gab...

Als junges Mädchen wollte ich Klosterschwester werden. Haha… Ich und eine Klosterschwester? Das hätte ich nicht lange ausgehalten!

War schon dein Elternhaus zur Bühne affin?

Meine Mutter kam aus einem kulturell interessierten Haus. Sie hat damals bei den Passionsspielen Götzis mitgespielt und soll gut gewesen sein. Mit ihrer Heirat musste sie mit allem aufhören. Das war damals so. Das Theaterblut habe ich auf jeden Fall von ihr geerbt.

Du hattest einen „bürgerlichen Beruf“ – wann war klar, dass du Bühnenprofi werden willst und warum?

Ich wollte Schauspielerin werden. Als Zwischenlösung machte ich im elterlichen Betrieb eine kaufmännische Lehre. Danach eine Ausbildung zur Uhren - und Juwelenfachberaterin in Königstein/Taunus. Abends nach der Arbeit habe ich immer geprobt und gespielt. Es war sehr anstrengend. Als ich das Alter für eine Schauspielausbildung hatte, ist es mir mit Auftritten schon so gut gelaufen, dass ich nicht mehr als Studentin anfangen und den Eltern auf der Tasche liegen wollte.
Um mich fortzubilden, besuchte ich viele Schauspielkurse und arbeitete viele Jahre lang an meiner Atem- und Sprechtechnik mit Professor Coblenzer in Zürich.



Vor Solo-Karriere
Wie waren deine ersten Auftritte – gab es da auch Rückschläge oder war das „straight forward“ (Saumarkt, Operettenbühne).

Man glaubt es nicht, aber ich war früher sehr schüchtern. Mein erster Auftritt erfolgte bei einem „bunten Abend“ der Jungschar. Da hatte ich nur einen Satz – die Pointe - zu sagen. Der Lachschwall und darauffolgende tosende Applaus hat in mir etwas berührt. Von da an wusste ich, das will ich ein Leben lang machen.
Wie lief es danach mit den Wühlmäusen – kamst du mit den doch sehr politischen Inhalten der Fam. Linder klar?

Als mich die Wühlmäuse in ihr Ensemble holten war das für mich wie ein Ritterschlag. Ich konnte es kaum fassen. Ich war 28 und meine jüngste Schwester war gerade plötzlich verstorben. Die Ablenkung tat mir gut. Aber meine Angst groß, neben einer Trudi Linder bestehen zu können. Wir probten sehr hart und ich war ständig heiser. Irgendwann wurde ich von Heiner Linder zu Maria Summer geschickt. Dort lernte ich die richtige Atemtechnik und die Stimme hielt. Diese Zeit war eine enorm wichtige Phase meines beruflichen Lebens, denn ich konnte so viel lernen.
Auch wenn ich mich mit den inhaltlichen Themen nicht immer identifizieren konnte und selber einen völlig anderen Weg eingeschlagen habe, bin ich heute noch dankbar, Heiner Linder als Lehrmeister gehabt zu haben.


Der kommerzielle Durchbruch war wohl die Zusammenarbeit mit Stefan Vögel mit dem Peak „Grüß Gott in Voradelberg“, der alle Beteiligten zu Stars machte und einen eigenen Stil – ich nenne es mal „Ländle-Kabarett“ etablierte. Siehst du das auch so und siehst du dich als Teil oder auch Speerspitze dieser „Szene“?

„Grüß Gott in Voradelberg“ war wohl die beglückendste Phase als Kabarettistin. Wir waren jung, verrückt, voller Energie und Freude und wurden von unserem Erfolg direkt überrollt.
Als später jeder als Solist durchstartete suchte ich meinen eigenen Stil und fing an, Musiker in mein Team zu holen.





Solo-Karriere
Seit den 2000er Jahren machst du Solo-Programme; teilweise mit Ensembles. Zu Beginn ist auffallend, dass es Frauen waren (Alex Sutter, Martina Breznik, Pia Mock). Ist das auch ein feministisches Statement und hast du grundsätzlich feministische, wenn auch komödiantisch verpackte, Anliegen?

Sicher nicht aus feministischen Überlegungen. Das hat sich einfach so ergeben, und es war eine jede Zusammenarbeit mit den 3 unterschiedlichen Musikerinnen unvergesslich.

Gehst du bei neuen Programmen von einem Kernthema aus oder entwickeln sich die Texte aus verschiedenen witzigen „erlebten“ Situationen mit anschließendem „Story-Mantel“ über den Pointen?

Aus zufällig erlebten Szenen tut sich bei mir der Wunsch auf, darüber ein Programm zu schreiben. Dann überlege ich mir einen originellen Titel, fixiere Säle im ganzen Land und als letztes geht es ans Schreiben. Immer auf den letzten Drücker, ich brauche den Druck. Bisher bin ich aber immer noch fertig geworden.

Wie wichtig ist dir (auch als Sängerin) Musik; die Ensembles werden ja größer, die Musiker – z.B. Bär-Brüder virtuoser.

Musik ist mir ungemein wichtig. Schon vom ersten Soloprogramm an hatte ich mit Alex, Martina und Pia tolle Musikerinnen an meiner Seite.
Seit dem ersten Weihnachtsprogramm arbeite ich mit den Musikern Simon Gmeiner, Lucas Oberer, Kurt Lipburger, Johannes und Stefan Bär zusammen. Sie sind großartig und ich fühle, dass ich musikalisch „angekommen“ bin.

Liebst du Weihnachten so sehr, dass du bereits ein drittes Programm zum Fest der Feste machst? Und warum ist das so erfolgreich (deshalb auch Wiederaufnahme 2023)

Ja, ich bin ein Weihnachtsmensch. Das hat viele Gründe. Als junge Frau durfte ich mit meiner Mutter zum Salzburger Adventsingen. Das hat mich damals derart fasziniert, das ich dachte, irgendwann will ich so etwas machen.
Ich berühre gerne die Menschen. Wir leben in einer kalten, hektischen Zeit, da tut es gut, sich wieder einmal einzulassen auf Stimmung, Sentimentalität und Erinnerungen an früher.

Gibt es einen typischen „Vorarlberger Humor“ und wenn ja, wie ist dieser und hast du ihn mit-etabliert?


Der Vorarlberger Humor ist knochentrocken. Reduziert. Kein Wort des Lobes oder der Zuneigung zuviel: Moll. Körig. Passt.
Selber bin ich das pure Gegenteil.


Hast du ein (eigenes) Lieblingsprogramm und wenn ja, warum?

Das Lieblingsprogramm ist hoffentlich immer jenes, an dem man gerade arbeitet. Sonst brennt das Feuer nicht. Aber ein persönliches Highlight war bestimmt das Ein-Frau-Theaterstück „Verliebt, verlobt, verschwunden“ von Stefan Vögel (VOVO).
Aktuell mag ich das Programm „Bommloba“ (Baumloben) sehr gerne. Es ist stimmungsvoll, poetisch, schräg, lustig und persönlich. Wir – meine 3 Musiker und ich sind ein Dreamteam.

Was ist dein Erfolgsrezept, denn deine Programme haben ja seit Dekaden sehr viele Zuseher?

Mein Erfolgsrezept ist: identisch und authentisch bleiben. Alles andere ist zum Scheitern verurteilt.

Wie hast du die Pandemie überstanden (beruflich)?

Es waren für alle harte Zeiten. Aber ich denke mir, wir jammern auf hohem Niveau. Es gibt so viele, die viel weniger haben als wir.
Den plötzlich leeren Terminkalender hatte ich sehr genossen. Aber es wäre kein Dauerzustand gewesen. Denn ich brauche hin und wieder die Bühne wie ein Fisch das Wasser.

Das VOVO als Institution ist Geschichte. Bedauerst du das?

Das bedaure ich sehr.
Ich durfte in einigen Produktionen mitspielen.
Außerdem gehe ich sehr gerne ins Theater, bin seit Anbeginn Abonnentin des Applaus Theaters und denke jedes Mal, wie schön es wäre, wenn es wieder einmal ein VOVO Theaterstück zu sehen gäbe.

Kannst du deine bisherige Kabarett-Karriere (emotional) auf einen (Jubel)Satz bringen?

Diese Bretter, die mir alles bedeuten.




Szene allgemein / Zukunft
Gibt es eine neue heimische Kabarett-Generation nach Fleisch / Neuschmid / Linder etc. und wenn ja, wo?

Nur zögerlich. Ich wundere mich sehr, dass niemand von den jungen Wilden, oder „der letzten Generation“ aufsteht und sagt, „mir reichts, ich möchte ein rein politisches Kabarett machen.“ Denn Themen gäbe es genug. Selber hatte ich kein Interesse an politischem Kabarett. Ganz einfach deshalb, weil es nicht meine Stärke ist.

Wie siehst du die Zukunft des Kabaretts als Kunstform zwischen altem, politischem Kabarett (Wühlmäuse) und Radikal-Comedy und wo positionierst du dich?

Ein Programm wie die „Wühlmäuse“ würde heute nicht mehr funktionieren. Ein weiser Mann sagte einmal: „Satte Menschen wollen nicht denken, sie wollen lachen“. Deshalb sind die Zuschauerquoten bei „mittellustigen Comedians“ so hoch.
Selber sehe ich mich irgendwo dazwischen.

Gibt es neue Projekte neben Wiederaufnahme Bommloba?

Eigentlich wollte ich im September mit einem neuen Programm herauskommen. „Bommloba“ ist aber so gut angekommen, dass wir noch viel mehr Auftritte machen hätten sollen. Aber meine Musiker hatten keine freien Abende mehr. So haben wir beschlossen, dieses Weihnachtsprogramm ab Mitte November zu wiederholen. Daher starte ich das neue Kabarettprogramm erst im September 2024 in Götzis.


Siehst du es als Problem, dass man als Kabarettistin kaum „ernste“ Rollen spielen kann? Und folgend: hältst du noch eine andere Bühnenfigur als die Kabarettistin Gabi Fleisch für möglich bzw. wünschenswert.

Ich hatte - wohl durch unsere Familiengeschichte - immer schon einen Zugang zu Ernsthaftigkeit und Tiefe. Vielleicht bin ich deshalb ausgewählt worden, für den internationalen Palliativkongress im Festspielhaus zu spielen. Und gerade arbeite ich an einer Nummer für das 20-jährige Jubiläum der Palliativstation, Hohenems Das sind keine leichten Aufgaben und verlangen einem alles ab. Denn lustig sollte es schon sein.




Anderes / Persönliches
Du hast viele Jahre in den „VN“ täglich eine Kurzkolumne – das („i Tüpfle) -geschrieben. Viel es dir da oft schwer, was zu finden und vermisst du das?

Als ich angefragt wurde, täglich eine Kurzkolumne für die VN zu schreiben, sagte ich gleich entschieden ab. Diesen Stress konnte und wollte ich mir nicht antun. Irgendwann packte mich doch der Ehrgeiz und ich fing damit an. Aus dem von mir geplanten Jahr wurden es 11 ½ Jahre. Das war ein nicht unerheblicher, großer Druck, dem ich danach nicht nachgetrauert habe. Es war ein schwerer Rucksack, den ich ablegen konnte. Auch wenn ich einen großen Fanclub hatte, dem das i Tüpfle noch lange gefehlt hat.

Bleibt dir Zeit für andere Hobbies?

Ja. Ich habe mit 61 angefangen steirische Harmonika zu lernen. Das fordert meine grauen Zellen ungemein, macht mir aber große Freude! Ich gehe radfahren, skifahren, laufen. Bin ein Bücherwurm, backe Kuchen, lade gern Gäste ein und bin überhaupt sehr gesellig.
Ausserdem pflege ich und beschäftige mich mit Mundart.

Gibt es etwas (realistisches), das du noch nie getan hast, aber unbedingt tun möchtest?

Ich glaube sagen zu können, dass ich alles, was ich unbedingt machen wollte, irgendwann gemacht habe. Träume müssen verwirklicht werden. Dazu braucht es manchmal viel Mut.

Eventuelles Lebensmotto?

Lebe nie, ohne zu lachen, denn es gibt Menschen, die von deinem Lachen leben.


Wort-Rap
Vorbild: meine Mutter
Lieblings-Komiker: Loriot und Hape Kerkeling
Lieblings - Kabarettist/in: Niavarani
Lieblings-Schauspieler/in: derzeit Tobias Moretti, Verena Altenberger
Lieblingsmusik: Joe Cocker, Janis Joplin, Klassik und vieles andere…
Lieblingsfilm: Die Brücken am Fluss
Lieblingsbuch: Kann mich nicht entscheiden, es gibt zu viele Lieblingsbücher.
Lieblingsessen: Marillenknödel mit Vanillepudding
Lieblingsplatz in Vorarlberg: ein ganz bestimmter Platz am Eichenberg
Lieblingsplatz außerhalb: Salzburg





Das Interview wurde im März 2023 von Raimund Jäger für die Kronenzeitung geführt.



 


 
 






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