Mitteilungsarchiv
| Bericht 258


Kirchenfenster
Wie im Götzner Heimatbuch nachzulesen ist, zählen die Fenster der Pfarrkirche zu den bedeutendsten Westösterreichs. Im Jahre 1949 wurde die Gestaltung der Hochfenster im Langhaus und im Presbyterium dem akademischen Maler Martin Häusle aus Feldkirch übertragen. Häusle selbst bezeichnete die Kirchenfenster von Götzis als die Besten seines ganzen Schaffens. Die Fenster kamen in der Tiroler Glasmalereianstalt in Innsbruck zur Ausführung.

Je sechs Fenster schmücken eine Seite des Schiffes. Die beiden Fensterreihen werden von den vier Evangelisten angeführt. Den übrigen acht Hochfenstern liegt das Thema der „acht Seligkeiten“ (Mt5,3-11) zugrunde.

1966 - es war die Nacht zum Ostersonntag – starb Martin Häusle. Die Fenster in der Götzner Kirche gehören zu seinen herausragendsten Werken.

Martin Häusle war Vorarlberger durch und durch, und das im besten Sinne. 1903 in Satteins geboren und aufgewachsen, übersiedelte er bald nach Ende des 2. Weltkriegs mit seiner rasch anwachsenden Familie auf den Feldkircher Margarethenkapf. Isoliert von den künstlerischen Zentren und konfrontiert mit den materiellen Nöten eines Kunstschaffenden in der Nachkriegszeit, gelang es ihm dennoch, Kunst zu schaffen in der Provinz, ohne provinziell zu werden. Es gehört zum Lebensschicksal dieses Künstlers, dass er zeitlebens in einem Raum des „Dazwischen“ stand. Sein expressiver, am Seelenleben interessierter Malstil war überregional der noch radikaleren abstrakten Malerei gewichen, doch für hiesige Verhältnisse vielen schon zu modern und zu weit entfernt von einer realistischen Darstellung. Umso beachtenswerter ist, dass ein Großteil des Gesamtwerks von Martin Häusle im Auftrag der Kirche entstand. Künstlerisch aufgeschlossene Geistliche zählten zu seinen frühesten Förderern. Sie erkannten sein Talent und seine christliche Weltanschauung. Aber auch der Künstler selbst fühlte sich in seinem Bestreben der Sichtbarmachung geistiger Werte von den kirchli- chen Auftraggebern verstanden und geschätzt. Die Götzner Kirchenfenster, die vor 60 Jahren in Auftrag gegeben wurden, stellen den Beginn und ersten durchschlagenden Erfolg dieser fruchtbringenden Gemeinschaft dar. Anfangs des öfteren gegen Skepsis oder gar offenen Widerstand der Pfarrgemeinde ankämpfend, waren es die Vertreter der Kirche, die die moderne Bildsprache Martin Häusles verteidigten. Es galt neue Wege der Verkündigung zu finden. Die Glasmalereien der Pfarrkirche dienen so der Seelsorge, indem sie das Innere des Menschen anrühren sollen. Gegen Ende seines Lebens wurde Martin Häusle endlich jene öffentliche und materielle Anerkennung zuteil, die er sich auf Grund seines herausragenden künstlerischen Schaffens schon längst verdient hätte. 1966 wurde dem Künstler der Berufstitel „Professor“ zuerkannt. Er sollte die Verleihung nicht mehr erleben.




Es sind der Kirche und der Kunst Vorarlbergs auch in der heutigen Zeit solche Menschen zu wünschen, die unbeirrbar und wagemutig nach neuen künstlerischen Ausdrucksmitteln der Glaubensverkündigung suchen.

Othmar Lässer - Kunsthistoriker, Theologe - Hittisau


29.06.2014 - 15.11.2014 |